Der Kanton Zürich hat unseren Brief beantwortet, und aus Transparenzgründen veröffentlichen wir diesen Brief hier (etwas verspätet). Es ging um den weitergehenden Erhalt des ‚Zeitzeugen‘ am See, als das wir das im Gestaltungsplan festgelegt haben. Der Kanton beruft sich dabei hauptsächlich auf den beleuchtenden Bericht, auf den es keine demokratischen Einflussmöglichkeiten gab, und nicht auf den von der Gemeindeversammlung verabschiedeten Gestaltungsplan und die Vorschriften. Co-Präsident Andreas Natsch hat dazu eine private Antwort an den Kanton gesendet. Da die Lobby in dieser Zeit nicht tagte, publizieren wir unten ebenfalls diese Antwort.

Abbildung: Um diese Gebäude direkt am See und im zukünftigen Seeuferpark dreht sich die Diskussion.
Brief Kanton
22. September 2022
Seeuferpark CU-Areal
Offener Projektwettbewerb für Landschaftsarchitektur
Sehr geehrte Damen und Herren,
Besten Dank für Ihr Schreiben vom 10. September 2022. Gerne möchten wir Ihre Anmerkungen wie folgt beantworten:
Im kommunalen Gestaltungsplan «lebendiges Quartier am See» sind im Art. 28 die Bauten beschrieben, die zu erhalten sind (Vers. Nrn. 442.2 und 727) und im Art. 29 diejenigen Bauten definiert, die teilweise zu erhalten sind. Hierzu gehört der sogenannte Zeitzeuge Vers. Nr. 442.1. Im Bericht nach Art. 47 RPV sind die Spielregeln für die Transformation beschrieben:
«Der «Zeitzeuge» (Vers.-Nr. 442.1) wird durch seine schrittweise Transformation Teil des Parks: Das Bestandsgebäude bleibt in einzelnen Elementen erhalten, wird perforiert und für die Öffentlichkeit zugänglich und nutzbar. Je nach Nutzung ist der «Zeitzeuge» offen oder überdacht. Der Ausdruck der Gesamtanlage wird mit diesem teilweisen Erhalt von Gebäuden gewahrt und dem schützenswerten Ortsbild Rechnung getragen im Sinne eines weiterhin ablesbaren, raumbildenden Volumens.»
und weiter:
«Für die Ensemblewirkung vom See her sind die ruhigen, langgestreckten Bauten im Vordergrund von besonderer Bedeutung. Die im Situationsplan bezeichneten «teilweise zu erhaltende Bauten» mit der Vers.-Nrn. 442 und 446 sind als Teil dieses Ensembles grundsätzlich zu erhalten und werden Teil des Seeuferparks.»
Die Transformationsmöglichkeiten für den «Zeitzeugen», die im Richtkonzept (vom 9. April 2021 Salewski & Kretz) und im Freiraumkonzept (12. Oktober 2020 Atelier Loidl) abgebildet sind, können auf den partizipativen Prozess zurückgeführt werden, in dem die Bevölkerung und auch die kantonale Denkmalpflege mitgewirkt hat. Das Richt- und Freiraumkonzept geben erste Anhaltspunkte, wie eine bewilligungsfähige Umsetzung des Zeitzeugen aussehen könnte.
Das Wettbewerbsprogramm ist auf der Grundlage des Gestaltungsplans und des Richtkonzepts erstellt worden. Damit verfügen die teilnehmenden Büros aus Sicht der Wettbewerbsverantwortlichen über die notwendigen Angaben und Informationen, um Lösungsvorschläge im Sinne des Gestaltungsplans einzureichen. Die Vorschriften des Gestaltungsplans stellen bei der Beurteilung durch das Preisgericht eine entscheidende Grundlage dar.
Freundliche Grüsse
David Vogt Sybille Besson Stv. Kantonsbaumeister Co-Projektleiterin
Antwort Andreas Natsch
Sehr geehrte Frau Besson, Sehr geehrter Herr Vogt, Sehr geehrter Herr Vaszary,
Besten Dank für Ihre Rückmeldung.
Die Bevölkerung konnte nur über den Gestaltungsplan und die Vorschriften abstimmen und dazu Anträge einbringen, und nicht zum beleuchtenden Bericht. Ebenso konnte die Beteiligung nur auf die Vorschriften einwirken, die in einem ersten Entwurf den vollen Erhalt des Zeitzeugen forderten – und bei dem wir uns dann im Verfahren auf die Variante ‘Erhalt in einzelnen Elementen’ einigten. Die Bevölkerung wird also beurteilen wie weit der verabschiedete Gestaltungsplan und die Vorschriften umgesetzt werden, und nicht einen begleitenden Bericht.
Uns geht es nur und ausschliesslich darum, dass nicht wieder, wie beim Varianzverfahren, an der Bevölkerung vorbei und für den Papierkorb geplant wird: Nachdem ich nun Einsicht in die Akten des Varianzverfahrens bekommen habe, ist es nochmals überdeutlich geworden, wieweit weg von den Anliegen der Bevölkerung diese Pläne waren, mit massiven Bauvolumina bis hart ans Ufer. Die Lehren aus diesem Planungsschritt sollten gezogen werden.
Dass Schutzziel ist ja nicht der Zeitzeuge an sich – so hat ja das Varianzverfahren einen vollständigen Rückbau mit dem Bau von Flachdach-Mehrfamilienhäusern an dieser Stelle als bewilligungsfähige Möglichkeit anvisiert!
Eine Vorlage, bei der der Zeitzeuge volumenbildend im Park steht und einen signifikanten Anteil des Uetiker Parkbudgets verschlingt wird höchstwahrscheinlich nicht mehrheitsfähig sein. Die Uetiker entscheiden am Schluss über ihren Teil des Parks. Unser aller Ziel sollte also sein, dass es nicht wie bei der AHV Reform im dritten Anlauf eine 50.4% Mehrheit gibt – wir wollen ein tolles Projekt, das im ersten Anlauf durchkommt 😊.
Zu guter Letzt: Die Uetiker Bevölkerung kennt die ganze Geschichte – wir haben, angeführt von Vetretern der heutigen Lobby – vor 15 Jahren Uetikon West abgelehnt. Dieselbe Denkmalpflege, die uns heute auf jeder Planungsstufe Bauvolumen im Platz vor dem Düngerbau (Neubau oder Erhalt Lagerschuppen) festlegen will, hat damals den vollständigen Abriss aller alten Baumasse inklusive des Düngerbaus (!!!) als bewilligungsfähig eingestuft. Der Düngerbau war damals in der Tat noch nicht inventarisiert – aber unter Fachleuten bereits seit Jahrzehnten als ‘Kathedrale der Industriekultur’ anerkannt. Nur dank dem Einsatz der Uetiker Bevölkerung gegen dieses von allen öffentlichen Stellen abgesegnete Projekt steht der Düngerbau noch. Das darf auch einmal gesagt sein. Vor diesem historischen Hintergrund ist das Schutzziel ‘Volumenerhalt Lagerschuppen’ eine schwer nachvollziehbare Vorgabe.
Mit freundlichen Grüssen
Andreas Natsch
(Notabene: Das ist meine ganz persönliche Antwort und nicht die der Lobby)