Projektänderung Seegrundsanierung: Ein ‘gewichtiger’ Entscheid für eine bessere Lösung

Im Juni 2023 hat die Lobby für Uetikon zusammen mit 11 Privatpersonen Rekurs gegen die Projektänderung Seegrundsanierung erhoben: Diese sah vor, 9800 m3 stark belastete Sedimente aus Produktionsabwasser im Zürichsee mit 30’000 m3 Kies zu überschütten, anstatt sie aus dem See zu entfernen, wie ursprünglich geplant war.

Die Lobby hatte detailliert recherchiert und festgestellt, dass die Annahmen, mit denen dieser Entscheid begründet wurde, nicht belegt sind (für Details siehe untenstehende Links).

Am 22.10.2024 hat das Baurekursgericht nun einen 164 Seiten umfassenden, sorgfältig begründeten Entscheid gefällt:

Die Gesamtverfügung des Kantons wird aufgehoben und die Sache zur Vornahme notwendiger Abklärungen und Neubeurteilung an die Vorinstanzen zurückgewiesen. Dabei folgt das Baurekursgericht der Argumentation der Rekurrenten und stellt fest, dass die bisherigen Abklärungen zu den belasteten Sedimenten nicht belegen, dass hohe Schadstoffkonzentrationen in tieferen Schichten vorkommen. Dieses Argument hatte der Kanton gegen den ursprünglich vorgesehenen Totalabtrag und zugunsten der Schüttung vorgebracht – wie sich nun herausstellt zu Unrecht. Das Gericht kommt zum Schluss, dass der Sachverhalt in wesentlichen Punkten lückenhaft ist, und dass das Variantenstudium, das zur Projektänderung führte, folglich keine zulässige Entscheidungsgrundlage bildet.

Der volle Entscheid ist hier einsehbar:

Wie weiter?

Das AWEL hat sowohl gegenüber der Lobby als auch gegenüber der Baukommission Uetikon schriftlich bestätigt, dass eine Entfernung der stark kontaminierten Sedimente nach wie vor technisch möglich ist. Zudem hatte sich die Firma Marti vertraglich dazu verpflichtet und die nötige Infrastruktur aufgebaut. Auch musste die CPH 32 Mio für die Sanierung zurückstellen – die Finanzierung der Sanierung ist also gesichert.

Das Gericht hält fest, dass mittels zusätzlicher bis zu den natürlichen Sedimenten durchgeführten Kernbohrungen und Beprobung aller Abschnitte der Bohrkerne tragfähige Aussagen zu den Schadstoffkonzentrationen im Sektor B zu erarbeiten sind. Diese Sachverhaltsabklärungen wiederum sollen die Grundlage für die Neudimensionierung des Abtragungskörpers derjenigen Varianten bilden, welche eine (vollständige oder teilweise) Dekontamination vorsehen.

Neben den bisher untersuchten Varianten seien je nach Ergebnis der ergänzenden Sachverhaltsabklärungen auch weitere Varianten denkbar. So könnte gegebenenfalls eine Abschnittsbildung (mit teilweiser Totaldekontamination und teilweiser Sicherung) geprüft werden. Würde festgestellt, dass sich die zur Sanierungsbedürftigkeit führenden Schadstoffkonzentrationen grundsätzlich auf obere Tiefenbereiche beschränken, ohne dass für die unteren Tiefenbereiche eine Überschreitung der massgeblichen Grenzwerte mit Sicherheit vollständig ausgeschlossen werden könnte, wäre auch die Variante einer Dekontamination mit anschliessender Schüttung zu evaluieren.

  • Für diese pragmatische Lösung, die dem ursprünglichen Sanierungsprojekt nahe kommt, hat sich die Lobby immer stark gemacht!

Anschliessend an die ergänzenden Untersuchungen und die (Neu-)Evaluation von Sanierungsvarianten sei ein neuer Variantenentscheid zu fällen. Dabei seien verschiedenen Kriterien Rechnung zu tragen, namentlich

  • den mit einer Schüttung verbundenen, beim angefochtenen Entscheid nicht berücksichtigen Risiken
  • der Tatsache, dass die Sicherungsvariante eine Abweichung von den BAFU-Vollzugshilfen darstellt.
  • Die durch den flachen Schüttungswinkel viel grössere Überschüttung müsste kritisch geprüft werden.

Mit dem Entscheid des Baurekursgerichts ist es jetzt möglich, zeitnah eine nachhaltige, auf Fakten gestützte Lösung für die Entfernung der belasteten Sedimente im See zu finden, um Seeuferpark und Kantonsschule nicht weiter unnötig zu verzögern. Die Lobby erhofft sich einen konstruktiven, lösungsorientierten Dialog.

Ein Sieg für die Rechte der Bevölkerung

Im Rekursverfahren hat das AWEL versucht, den Rekurrierenden die Legitimation abzusprechen – damit wären die nun festgestellten Mängel nicht ans Tageslicht gekommen. Das Baurekursgericht hat nun aber deutlich festgehalten, dass die Privatpersonen als Konsumenten von Trinkwasser aus dem Zürichsee zum Rekurs berechtig sind: Das ist ein wegweisender Entscheid, der die Rechte der Bevölkerung um den Zürichsee hochhält.

Verzögerung durch den Kanton

Seit Eingang des Rekurses haben die Behörden eine Verzögerung des Projektes Chance Uetikon den Rekurrierenden angelastet. Allerdings haben diese dem Kanton am 3. April 2023 bei der Lokalverhandlung das Fehlen der Messungen aufgezeigt, was vom AWEL auch zugegeben und protokolliert wurde. Unsere Anwältin hat darauf im April 2023 einen Verfahrensantrag gestellt, dass diese zusätzlichen Untersuchungen vor dem Entscheid durchzuführen seinen – also genau das, was das Gericht jetzt 18 Monate später festgehalten hat. Der Antrag wurde vom AWEL abgelehnt – und somit das Projekt 18 Monate verzögert und unnötige Kosten für die Allgemeinheit generiert. Es macht allerdings wenig Sinn, sich weiter gegenseitig die Schuld in die Schuhe zu schieben: Aber durch eine offene Kommunikation und mit einem Fokus auf die Fakten hätte viel Leerlauf verhindert werden können.

Siehe auch unsere früheren Beiträge:

Ein Kommentar

  1. Danke für die klärende Zusammenfassung des umfassenden und komplexen Baurekursgerichtsurteils. Das Urteil hat mein Vertrauen in die rechtsstaatlichen Institutionen gestärkt. Schade, dass es überhaupt zum Rekurs kommen musste. Transparenz, offene Kommunikation und gegenseitiges Ernstnehmen der verschiednenen Player – von Anfang an, und nicht erst, wenn das Gericht es befiehlt – hätte Energie, Zeit und Geld gespart. Aber offenbar müssen wir Menschen als Individuen und als Gemeinschaft Lernschlaufen machen, bis wir einen Schritt weiterkommen. Ich hoffe und wünsche, dass im Fall der Seegrundsanierung die Schlaufe beendet ist und der nächste konstruktive Schritt erfolgeen kann. Ich freue mich auf den Park, den Düngerbau, die Schule und hoffe, ich kann das noch erleben.

    Brigitte Gloor

Hinterlasse einen Kommentar